Haushaltsrede zum Haushalt 2020

Haushaltsrede zum Haushalt 2020

(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Gäste in den Zuschauerreihen,

liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

heute hören wir gemeinsam die letzten Haushaltsreden in dieser Wahlperiode.

Und darum ist es vielleicht eine gute Zeit

einmal innezuhalten, um die letzten Jahre Revue passieren zu lassen.

Vielleicht auch das Tun, die Beschlüsse und Diskussionen der letzten Jahre für sich zu bewerten. Die Frage zu stellen, was wollte ich für die Menschen im Kreis Unna, für meine Fraktion, für mich in diesem sich jetzt auf der Zielgerade befindlichen Kreistag erreichen?

Ist mir dieses gelungen? Was lief gut? Was kann noch besser werden?

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Jetzt besteht auch die Chance, einen Ausblick zu wagen auf die kommende Wahlperiode.

Laut eigenen Aussagen werden einige Kreistagsmitglieder nicht mehr zur Wahl im September antreten.

Aber andere werden hinzukommen.

Wenn wir davon ausgehen, dass die AfD im nächsten Kreistag und auch in den Räten der Kommunen des Kreises sitzen wird, stellt uns das wohl alle vor große neue und bestimmt nicht immer angenehme Herausforderungen.

Die Zeiten sind vorbei, in denen man annehmen konnte, die AfD-Wähler seien einfach nur unzufrieden und sie folgen der AfD, um den Etablierten „eins auszuwischen“

Nein – heute wählen die Menschen die AfD vornehmlich aus der Überzeugung heraus, die Demokratie sei ungerecht und unterdrücke die Menschen.

Lassen Sie uns darum nie vergessen:

Die AfD ist keine demokratische Partei nur weil sie demokratisch gewählt wurde.

Deren Mitglieder versuchen die Gesellschaft zu spalten!
Das politische Klima wird sich im nächsten Kreistag verändern und wir sollten hierauf vorbereitet sein.

Und uns jeder Form von rechtspopulistischer, rassistischer und antisemitischer Gesinnung geschlossen entgegenstellen.

Wir Grünen haben in diesem Sinne keine Berührungsängste mit Ihnen – den hier versammelten Demokratinnen und Demokraten – seien sie in ihrem Schwerpunkt liberal, christlich oder sozial – eng zusammen zu stehen. (im Namen führen wir ja schließlich schon das „BÜNDNIS“ !!!)

Sehen Sie auch unsere gemeinsamen Anträge und Anfragen in diesem Kreistag als ein Signal für ein mögliches Zusammenspiel der demokratischen politischen Kräfte.

Wir BÜNDNISGrünen sind gesprächsbereit und haben in diesem Kreistag z.B. gerne gemeinsam mit der SPD unseren Antrag zur Absicherung der Demokratie-Förderung modifiziert.

Wir setzen auf die breite Zustimmung für diesen Antrag hier im Kreistag!

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Die Bürgerinnen und Bürger und die Medien werden uns auch daran messen, wie wir im kommenden Wahlkampf miteinander umgehen werden.

Nicht wenige erwarten einen emotionalen Wahlkampf, weniger in der Sache, sondern auf der persönlichen Ebene – wir sollten uns davon nicht anstecken lassen; die abschreckenden Beispiele z.B. in der Kreisstadt Unna sind uns allen gegenwärtig.

Leider gibt es landauf landab genug schlechte Beispiele, die erkennbar Vertrauen in die Politik und deren Gestaltungswillen gekostet haben.

 

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Ein Blick zurück:

Der plötzliche Tod unseres langjährigen Dezernenten Detlef Timpe im April dieses Jahrs hat viele von uns bis ins Mark getroffen; es macht uns immer noch fassungs – und sprachlos.

Aber – liebe Kolleginnen und Kollegen – es gibt uns auch die Chance, das eigene Leben und den persönlichen und politischen Umgang miteinander bewusster zu reflektieren und künftig fair und  trotzdem sich selbst bewusst zu gestalten.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

selbst wenn wir viel zu häufig dazu neigen, das politische Wirken kritisch zu sehen und mit dem Erreichten selten zufrieden sind, so sind doch viele Dinge in dieser Wahlperiode angestoßen oder auch umgesetzt worden:

  • Moderne und zeitgemäße Wohnungsbau- und Kindergarten-Projekte der UKBS,
  • der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse über dem Landesdurchschnitt – und dieses verbunden mit einem kontinuierlichen Rückgang der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft durch

– das darf man ruhig an dieser Stelle auch einmal lobend hervorheben –

das erfolgreiche Agieren des Jobcenters,

  • oder die Ansiedelung der Woolworth-Zentrale im interkommunalen Gewerbegebiet Unna-Kamen.

Aber an diesem Beispiel wird auch deutlich, wie problematisch und vielschichtig das politische Agieren sein kann:
Leider ließ es sich hier nicht vermeiden, für die Ansiedelung einige landwirtschaftliche Flächen in Anspruch zu nehmen. Wobei aber dann die Nähe zur Autobahn letztendlich die Entscheidung ermöglichte.

Man muss leider immer wieder erkennen, dass politische Entscheidungen nicht immer einfach zu treffen sind.

 

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Kommen wir dem folgend zu den aktuell weltweit drängenden Problemen, die weitreichende Konsequenzen erfordern!

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen –

wenn wir unsere Anträge und Entscheidungen aus der Kreistagssitzung vom Juli dieses Jahrs zum Thema Klima und Klimafolgen ernst nehmen wollen, werden wir zukünftig solche Fragen – wie des Flächenverbrauches im Kreis – intensiver diskutieren müssen, wenn alle Kreistagsfraktionen und Gruppen ihre Anträge damals wirklich ernst gemeint haben.

Unsere GRÜNE-Fraktion hat für diesen Kreistag unseren Antrag vom Vorjahr – eine Ansprechpartnerin/einen Ansprechpartner für Klimafragen in der Verwaltung mit Koordinationsaufgaben zu etablieren, erneuert.

Falls hierfür eine neue Stelle geschaffen werden muss, sollte es uns dies Wert sein.

Angenehm überrascht hat uns in diesem Zusammenhang die ergänzende Beantragung der Verankerung des Leitziels Klimaschutz in der Wirkungsorientierten Steuerung.

Der Aufschlag der Verwaltung zum Thema Klimaschutzaktivitäten im Rahmen der WirkungsOrientiertenSteuerung war jedenfalls schon ein wirklich guter Aufschlag.

Danke hierfür an den Dezernenten Ludwig Holzbeck und an sein Team.

 

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Unser grüner Antrag zur Biodiversität und die damit einhergehenden Vorschläge zum Erhalt und Verbesserung des Artenschutzes gehen in diese Richtung. Er ist aus Gründen des Umwelt- und Naturschutzes unverzichtbar. In der nachfolgenden Diskussion zu den einzelnen Anträgen wird Herr Kühnapfel dazu gerne weitere Erläuterungen geben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Haben Sie den Mut, diesen wichtigen Schritt zu tun!

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In den letzten Jahren haben wir uns im Rahmen der HH-Beratungen

– damit meine ich vornehmlich die gefühlt „kleinen“ Oppositionsfraktionen und Gruppen im Kreistag –

über das unzureichende Wirken der langjährigen Gestaltungsmehrheit und die fehlende Kommunikation im politischen Raum ausgelassen.

Das Agieren der Gestaltungsmehrheit war politisch tatsächlich nicht sehr wirkungsvoll und besonders die fehlende Kommunikation hat es uns allen schwer gemacht.

– aber, es ist schon auffällig, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie geschickt die Verwaltung und insbesondere der Kreisdirektor hiermit umgegangen sind:

  • die fortschreitende Entwicklung von Haus Opherdicke,
  • das Thema „Digitalisierungsoffensive“, oder
  • die Weiterentwicklung der „Wirkungsorientierten Steuerung“ hat sich die Verwaltung geräuschlos zu ihrem Thema gemacht und vorangebracht.

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Zum Haushalt 2020:

Insbesondere all jenen, die heute hier zum Abschluss ihrer letzten Haushaltsberatung sitzen, sage ich im Namen der GRÜNEN Kreistagsfraktion Danke für die kollegiale Zusammenarbeit der vergangenen Jahre.

Manchmal vergessen viele, dass Kommunalpolitik getragen wird durch ehrenamtliches Engagement.

Für die Fraktionsvorsitzenden und die Fraktionsvorstände sind es

-phasenweise zumindest – Fulltimejobs.

Da verschwimmen schon mal die Grenzen zwischen ehrenamtlichem und professionellem Agieren und herangetragenen oder selbstgesteckten Ansprüchen.

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Apropos „ehrenamtliches Engagement“:

Aus zwei Fraktionen im Kreistag (von uns und gestern Abend dann auch von der SPD)

kamen zum Haushaltsplan für 2020 Anträge zur Förderung der Selbsthilfe,
die finanziellen Mittel von aktuell 20.000,-€ für rd. 270 Selbsthilfegruppen auf 27.000,-€ aufzustocken.

Dieses bedeutet in der Theorie 100,-€ für jede Selbsthilfegruppe, die eine Leistung für Menschen mit einer Krankheit, Behinderung oder Notlage erbringt, die die öffentliche Hand nicht ansatzweise würde erbringen können.
Ob Sie diesen Anträgen, die sicher gleich zusammengefasst werden – heute zustimmen,
und auch der Verlängerung der Kooperationsvereinbarung des Kreises mit dem Sprecherrat der Selbsthilfe – ist auch ein Gradmesser für die Wertschätzung und Würdigung dieses unverzichtbaren Engagements und Ehrenamts!

Die Gespräche mit den Mitgliedern des Sprecherrates der Selbsthilfe im Kreis Unna führten in unserer grünen Fraktion zu der klaren Einsicht, dass ihnen die Unsicherheit im Hinblick auf die Fortführung der Kooperation genommen werden muss und wir diese erfolgreiche ehrenamtliche Arbeit von Menschen für Menschen weiterhin fortführen müssen.
In Richtung CDU sei an dieser Stelle gesagt: „Never change a winning team!“

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Der vom KD eingebrachte Haushalt ist – wie immer in den letzten Jahren – ohne Schnörkel, souverän und sachlich begründet.

Wieviel Arbeit hiermit verbunden ist, uns ein solches Werk heute zu präsentieren, erahnen wohl die Wenigsten hier.

Deshalb auch von dieser Stelle Danke an den KD und die gesamte Fachabteilung.

Dass Herr Adam so elegant den Übergang in der Kämmerei nach dem Weggang von Herrn Appel gestaltet hat, spricht für seine fachlichen und menschlichen Qualitäten.

Chapeau und vielen Dank!

Der uns vorliegende Haushaltsentwurf ist aus Sicht der GRÜNEN solide und ehrlich.

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Aber ein Thema fehlt, oder vielleicht ist es noch zu früh oder noch nicht belastbar für den kommenden Haushalt zu quantifizieren.

Es ist der Anspruch und sind die finanziellen Auswirkungen zur Umsetzung der Ergebnisse der Kohlekommission nach dem Gesetzesentwurf des Strukturstärkungsgesetzes oder

– verständlicher formuliert –

dem Gestaltungsanspruch des Kreises durch ein Regionales Entwicklungskonzept   in Form nachhaltiger Handlungsfelder gerecht zu werden.

Das Land NRW rechnet mit 600 – 800 Millionen € für die betroffenen Steinkohleregionen.

Vier von 12 Standorten liegen im Kreis Unna.

Bei einer realistischen Annahme von ca. 100 Mio € für nachhaltige, innovative, übergreifende und genehmigungsfähige Projekte bedeutet dies – bei einer zu erwartenden 10%igen Eigenbeteiligung – rd. 10 Mio € für das Land oder den Kreis, sofern sich nicht die Verteilungskriterien ändern.

Interessiert verfolgen wir derzeit die unterschiedlichen Auslegungsvarianten des Gesetzesentwurfs sowie die Diskussionen hier auf der Kreisebene.

Ich glaube – liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir sollten ob des ambitionierten Zeitplanes das Thema nicht lange auf die Bank schieben und wir sind dankbar die bereits terminierten Arbeitskreise zur Projektentwicklung.

Die BusinessMetropole Ruhr hat im Auftrag des Landes die Koordinierungsrolle zugewiesen bekommen und der Kreis Unna spielt die Rolle der aktiven Kraft –

dem Landrat, den Bürgermeistern der kreisangehörigen Kommunen und insbesondere Dr. Dannebom von der WfG gebühren hierfür der allergrößte Respekt.

Erlauben Sie mir noch einige generelle Aussagen zur allgemeinen Haushaltslage des Kreises und der  kreisangehörigen Kommunen:

Wenn nur drei von 10 Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt darstellen können, spricht das für sich.

Die Notwendigkeit eines Entschuldungsfonds – insbesondere für die Kassenkredite – haben nicht nur die GRÜNEN gefordert und Lösungsmöglichkeiten dargestellt.

Dieser Fonds würde für die Kommunen den Schuldendienst bis zur vollständigen Tilgung übernehmen.

Voraussetzung wäre eine entsprechende Beteiligung von Bund und Land.

In der heutigen Ausgabe einer westfälischen Tageszeitung wurde über die Bemühungen des Landrats im Kommunalrat der Metropole Ruhr dazu berichtet.

Der Bund hat die Übernahme von 50 Prozent bereits signalisiert,

die Landesregierung „überlegt“ noch.
Hoffentlich nicht zu lange – diese Lösung darf nicht infrage gestellt oder noch auf die lange Bank geschoben werden!

Aber, bislang haben Bund und Land nicht einen Cent in ihren Haushalten zur Entschuldung der Kommunen angesetzt.

Vielleicht wäre noch ein weiterer notwendiger Schritt, über einen gemeinsamen Aufschlag des Kreistages / eine Resolution nachzudenken.

Unser aller Ziel muss doch sein, dass Kreis und Kommunen ihre Gestaltungskraft zurückgewinnen.
Und nun – zum guten Schluss – die Grüne Zusage, dass wir dem Haushaltsentwurf des Kämmerers für den Kreishaushalt 2020 zustimmen werden.

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Außerdem möchte ich Ihnen Allen,
der Verwaltung,
den Geschäftsführern (warum sind das eigentlich nur Männer?) und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kreisgesellschaften,
den Ehrenamtlichen aber auch der Presse

nochmals Danke sagen, für die weitestgehend angenehme Zusammenarbeit im zurückliegenden Jahr,
Ihnen ein entspanntes Weihnachtsfest wünschen und
mögen wir einen interessanten und aussagekräftigen Wahlkampf im nächsten Jahr führen, der die Menschen erreicht und anspricht.

Vielen Dank!
Stephanie Schmidt
für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
in Vertretung für den Fraktionsvorsitzenden Herbert Goldmann